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Spatz, wo bist du geblieben?

Liebe Naturfreundinnen und -freunde: Dies ist eine Vermisstenmeldung. Gesucht wird ein Vogel, den Ihr alle kennt – als regelmäßigen Besucher am Futterhaus, aber auch von Spaziergängen in der Feldmark. Der Feldsperling, eigentlich ein Allerweltsvogel, ist innerhalb weniger Jahre zur Rarität geworden, in Niedersachsen ebenso wie in anderen Regionen Europas. Die Gründe dafür sind unklar. Aber Ihr könnt helfen, sie herauszufinden. 

Wir Bewohner der Nordheide haben (noch) das Glück, in einem Spatzenparadies zu leben. Sie tschilpen von den Dächern, flattern an Straßen und Feldrainen, und wenn man eine Handvoll Körner im Garten ausstreut, dauert es oft nur wenige Minuten, bis ein Schwarm von ihnen sich darüber hermacht.

Vogel mit kräftigem Körnerfresserschnabel hockt an einem Drahtkorb mit Futterknödeln.
Haussperlings-Männchen © Kathy Büscher/NABU

Weil Spatzen so häufig sind, schaut man sie meist kaum genauer an. Das muss man aber tun, um die beiden bei uns vorkommenden Arten unterscheiden zu können. Ein kurzer Blick reicht meist. Graue Kopfplatte, schwarzes Brustlätzchen: Das sind Haussperlings-Männchen; die Weibchen (und Jungvögel) sind unscheinbar graubraun. Feldsperlinge erkennt man am schokobraunen Kopf, einem kleinen schwarzen Fleck unterm Kinn – und daran, dass beide Geschlechter gleich aussehen.

Beide Sperlingsarten sind Kulturfolger, also vor allem in und nahe bei menschlichen Siedlungen zuhause. Haussperlinge sind, mit etwa 4 bis 6 Millionen Brutpaaren in Deutschland, um ein Mehrfaches häufiger als ihre „Schwesterart“.

Fünf Vögel mit brauner Kopfplatte sitzen zusammen in unbelaubten Zweigen
Feldsperlinge in Weidengeäst © Kathy Büscher/NABU

In meinem Garten stellten die Feldsperlinge jahrelang die Mehrheit, im Winter versammelte sich täglich ein gutes Dutzend an der Futterstelle. Erst im vergangenen Jahr fiel mir auf, dass fast nur noch „Grauköpfe“ unter den Besuchern waren. Und als ich mich unter Vogel-Freunden umhörte, stellte ich fest: Ich bin nicht die einzige, die Passer montanus (so sein wissenschaftlicher Name) vermisst.

 

Vor allem in Niedersachsen registrieren Ornithologen einen regelrechten Bestandseinbruch; allein seit 2020 ist die Feldsperlingspopulation um die Hälfte geschrumpft – nach einem allmählichen Rückgang im Jahrzehnt davor.

Selbst in Naturschutzgebieten, etwa am Steinhuder Meer oder in Bückeburg, finden sich nur noch vereinzelte Paare. Aus unseren Nachbarländern Niederlande und Tschechien werden ähnliche Rückgänge gemeldet; nur im Süden Deutschlands scheint die Spatzenwelt noch in Ordnung zu sein.

 

Was genau macht den Spatzen zu schaffen? Noch tappen Vogelkundler im Dunkeln; bei einem so plötzlichen Rückgang dauert es, bis die Ursachen erforscht sind. Im Verdacht stehen toxische Substanzen, mit denen – leider immer noch – Saatkörner gebeizt werden; vielleicht setzt aber auch ein noch unidentifizierter Parasit den Vögeln zu. Solche haben in der Vergangenheit schon Blaumeisen, Grünfinken und Amseln starke Verluste zugefügt.

Uns Naturfreunden bleibt nichts, als abzuwarten, zu hoffen – und den Experten so gut es geht bei der Ursachenforschung zu helfen. Das geht auf zweierlei Art:

  • Wenn Ihr einen oder mehrere Feldsperlinge entdeckt, meldet  Eure Beobachtung auf den Plattformen ornitho.de oder inaturalist. Man kann sich dort kostenlos registrieren. Alternativ: Mail an uns, mit Ort und Zeit des Fundes, idealerweise auch einem Belegfoto.
  • Falls Ihr einen toten Feldsperling findet: Schickt ihn möglichst umgehend zur Untersuchung an die Vogelklinik Gießen ein. Wie genau das geht, ist hier nachzulesen.

Haltet die Augen offen – und drückt die Daumen, dass der kleine Braunkopf bald wieder zu uns zurückkehrt!   

Graubraune Haussperlings-Weibchen hocken auf einem Maschendrahtzaun; auf dem Pfahl hocken ein Haus- und ein Feldsperling nebeneinander.
Einzelner Feldsperling zwischen Haussperlingen © Christoph Moning/NABU

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Kommentare: 2
  • #1

    Peter Mohr (Mittwoch, 07 August 2024 10:10)

    Wo auf I Naturalist sollte man das melden, gibt es da eine Gruppe?

  • #2

    Johanna (Mittwoch, 07 August 2024 11:59)

    Hallo Peter - nein, soweit ich weiß nicht. Aber das macht auch nichts; wenn Du die Beobachtung dort meldest, mit Ortsangabe und Zeit, wird sie so oder so registriert und ausgewertet.